Nein-sagen

Grenzen setzen – Nein sagen

– ein Grenzthema nicht nur für Hochsensible und Frauen im Wandel

 

Laut Wikipedia ist eine Grenze der Rand eines Raumes und damit ein Trennwert, Trennlinie oder Trennfläche.

Eine Grenze kann also definiert und sollte dann kommuniziert werden, damit Grenzverletzungen klar benannt werden können.

Welche Arten von Grenzen gibt es beim Menschen?

Die physische Grenze bezieht sich auf den eigenen Körper und den Raum, den er einnimmt. Wir können bestimmen, was wir essen möchten, wie und von wem wir berührt werden wollen, was wir körperlich leisten können. Die mentalen und emotionalen Grenzen werden um unsere Gedanken und Meinungen, um unsere Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche gezogen. Im Rahmen der sozialen Grenzziehung geht es um unsere Freunde, Hobbys, Aktivitäten und damit auch der uns zur Verfügung stehenden Zeit. Eine für Hochsensible und alle Menschen in der Lebensmitte bewegende Grenze ist die der Spiritualität, damit meine ich den Glauben oder auch Nicht-Glauben, verbunden mit der Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Sinn des eigenen Lebens.

Warum eine Grenze setzen?

Bevor wir eine Grenzlinie ziehen, sollte uns bewusst werden, wieso Grenzen wichtig sind.

Wird dem Wasser im Teich keine Grenze gesetzt, dann zerfließt es in alle möglichen Richtungen, verliert es seinen Zusammenhalt. Genauso passiert es einem Menschen, wenn er seine Energie nicht beisammen hält, sie jedem gibt, der danach fragt oder sie sogar ungefragt verschenkt.

Er ist dann nicht mehr bei sich selbst, lässt sich von Anderen Grenzen setzen und somit in Rollen drängen, die hauptsächlich den Anderen dienlich sind. Geschieht dies lang genug, verliert er vielleicht sogar den Respekt vor sich selber. Die Folgen sind häufig Gefühle von unglücklich, traurig oder frustriert sein, Lustlosigkeit bis hin zu Burnout oder Krankheit.

Setze ich Grenzen, erhalte ich meine Selbstachtung und kann damit die Achtung meiner Mitmenschen erlangen.
Setze ich Grenzen, kann ich selber die Rollen definieren, die ich auch erfüllen kann und damit kann ich authentisch, wahrhaftig sein.
Setze ich Grenzen, habe ich die Chance auf ein gutes Leben.

Woran erkenne ich meine Grenze?

Grenzsetzung ist unabdingbar für ein gelungenes und erfüllendes Leben.

Für mich ist die Grundvoraussetzung für ein solches Leben dabei die Bereitschaft, dafür auch die Verantwortung zu übernehmen. Getreu dem Spruch „Jeder ist seines Glückes Schmied“ nehme ich die Ereignisse des Lebens und Äußerungen von Mitmenschen nicht einfach hin, sondern versuche die positiven Aspekte zu sehen. Ok, beim Versuch aus manchen Zitronen eine Zitronenlimonade zu machen, gerate ich dann schon mal an meine Grenzen.
Das äußert sich direkt z.B. in Unwohlsein, besonders im Magen-Darm-Trakt, oder in Kopfschmerzen. Manche Grenzüberschreitungen habe ich auch erst einige Zeit später erkannt und beim daran denken kam dann eine Hitzewallung, mitunter auch das Gefühl von Scham. Ärger ist auch ein Zeichen von Grenzverletzung.

Wie setze ich eine Grenze? Welche Voraussetzungen braucht es?

Ich formuliere für mich diese erfahrene Grenze und beziehe möglichst alle Grenzarten mit ein.
Dabei stelle ich mir Fragen (an dem Beispiel einer verkürzten Mittagspause möchte ich die Überlegungen greifbarer machen.):

  • Welche Werte sind hier für mich wichtig?
    (Die Pause ist mir wichtig für die Ruhe im Geist und den Körper; ich gehe achtsam mit mir um.

  • Wie viel bin ich bereit für andere zu tun?
    (Grundsätzlich bin ich hilfsbereit und habe dabei die Not oder auch Bequemlichkeit des Anderen im Blick.)

  • Wie viel Widerstand von Anderen bekomme ich, kann ich aushalten?
    (Bei fast zeitgleicher Mittagspause gibt es wenig Widerstand und ich rechne mit Verständnis der Anderen.)

  • Wie flexibel ist diese Grenze?
    (Abhängig von meinem körperlichen Zustand kann ich im Notfall mal eine Ausnahme machen.)

Fallen Dir noch andere Fragen ein? Schreib sie gerne in die Kommentare.

Wenn ich mit diesem Frageprozess einigermaßen durch bin, kann ich meine Grenze auch nach Außen kommunizieren, sie also meinen Mitmenschen mitteilen.
Der Kollegin, die in meiner Mittagspause kurz über die Abrechnung sprechen möchte, kann ich dann mitteilen, dass mein Körper (meine Füße, mein Rücken) jetzt etwas Ruhe und mein Geist Abstand braucht, dass ich das Bedürfnis habe, Entspannungsmusik zu hören.

Bedürfnis ist das Stichwort für eine weitere Überlegung:

Wo die Grenze ziehen?

Orientierung für die Grenzlinien geben meine vorhandenen Ressourcen und meine Bedürfnisse. Da diese je nach Lebensumfeld und Tagesform unterschiedlich und veränderlich sind, setze ich diese Grenzen weit genug, um mich selber darin frei bewegen zu können. Eine enge Grenze wäre beim Thema Mittagspause ein kategorisches Nein zu Unterbrechungen. Da ich manchmal selber das Bedürfnis nach einem Gespräch habe, möchte ich die Verletzung der eigenen Grenzen vermeiden.

Besonders in den Wechseljahren ändert sich unser Lebensumfeld, denn die Kinder sind entweder schon aus dem Haus oder ihr Auszug ist absehbar. Die uns zur Verfügung stehende Zeit ändert sich und wir können sie anders auf unsere Rollen (Arbeitnehmerin, Selbstständige, Ehepartnerin, Sport Treibende, im Verein Tätige, …) verteilen. Auch die körperliche Ressource ändert sich und daraus ergibt sich automatisch die Überlegung, dass neue Grenzlinien gezogen werden dürfen.

Grenzen kommunizieren – eine sehr große Herausforderung

Worte können Fenster sein – oder Mauern“, so hat es Marshall B. Rosenberg, der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation formuliert. Eine Grenze kann zwar mit einer Mauer markiert werden, doch an einer Mauer prallt auch so einiges ab. Ich möchte mit meiner Grenzsetzung mein Gegenüber durch das Fenster einladen, mich als einen Menschen mit Werten zu erkennen. Das kann ich nur dann tun, wenn ich mein Gegenüber auch so sehe und ihm entsprechend wertfrei gegenüber trete.

Moment mal, was denn nun? Wertfrei, Werte sehen, wie passt das zusammen?

Indem ich eine Situation beobachtend beschreibe, ohne eine Wertung vorzunehmen, öffne ich mich der Sicht des Anderen. „Hallo Martina, Du fragst mich gerade in meiner Mittagspause um Rat.“ klingt doch ganz anders als „Martina, schon wieder stellst Du mir in meiner Mittagspause nervige Fragen“.
Bei der ersten Antwort habe ich Martina eingeladen mir weiter zuzuhören und dann mein Bedürfnis nach Ruhe zu erkennen. Die zweite Antwort zieht eine Mauer hoch, an der Martina zurück prallt und sich mindestens mit einer Beule zurück zieht oder mich mit einem Wortschwall bedeckt.

Du hast es bestimmt schon erkannt; hinter dieser Haltung steckt die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg.

Mit meinem nächsten Satz äußere ich dann mein Bedürfnis nach Ruhe.

Fassen wir noch mal kurz die Grenzziehung zusammen:

  • Verantwortung für sich selbst übernehmen

  • eigene Werte, den Selbstwert formulieren

  • eigene Grenzen kennen lernen

  • Grenzen für sich selbst in Worte fassen

  • Grenzlinien formulieren

  • Grenzen klar nach Außen mitteilen und dabei „gewaltfrei“ bleiben

Das klingt jetzt alles recht selbstbewusst, doch was ist, wenn ich ein schlechtes Gewissen habe?

Grenzen setzen und Nein-Sagen ohne schlechtes Gewissen

Seine Grenze kennen und sie dann auch zu verteidigen erfordert Mut und damit das Akzeptieren von Angst.

Die Angst

Diese Ängste sind unberechtigt, denn Menschen mit Werten sind wertvoll.

Folgende kleine Übungen können dir helfen, Deine Angst in Mut zu verwandeln.
Fang klein an, denn damit trainierst du den Umgang mit dem erst einmal unangenehmen Gefühl des Nein-Sagens.

  • Zur Kassiererin: „Es tut mir leid, ich habe es nicht passend.“; auch wenn es doch so sein sollte
  • Bei einer Ansprache in der Fußgängerzone: „Nein, ich habe kein Interesse an Ihrer Umfrage teilzunehmen.“
  • In der Warteschlange: „Nein, ich möchte sie nicht vorlassen.“ Achtung, es bedarf keiner Rechtfertigung dieser Aussage!
  • Überlege dir eine Situation, in der du üblicherweise zu schnell Ja sagst und stelle sie dir mit einem Nein vor.

Fallen Dir noch ein paar Beispiele ein? Schreib Sie gerne in die Kommentare.

Ein Nein muss nicht absolut, sondern kann z.B. zeitlich begrenzt sein. Fragt mich jemand sofort um Hilfe, dann sage ich für das „sofort“ Nein und kann gleichzeitig meine Hilfe für einen späteren Zeitpunkt anbieten.

Falls Du auch mal unschlüssig sein solltest, ob das Nein jetzt nun angebracht ist oder nicht, dann bitte um Bedenkzeit bis zur Antwort. Das muss ja nicht die „Nacht zum drüber schlafen sein“, es reichen evtl. auch fünf Minuten.
Übrigens, du wirst erstaunt sein, wie viele Menschen dein Nein akzeptieren.

Ich hoffe, ich habe dich ein Stück weiter auf den Weg der Grenzsetzung bringen können.

Nein?

Dann schreib mir, was Dir fehlt oder wie ich dich weiter unterstützen kann.

 

Bildquelle: Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Niederlage

Niederlagen überwinden – mit 5 Schritten raus aus dem Tal

Niederlage, ein Wort, dass meist eine Schwere in uns hervorruft, denn wir liegen am Boden, sind „am Boden zerstört“, sind nicht nur gestolpert, sondern gescheitert. Wird eine langjährige Ehe beendet heißt es oft „die Ehe ist gescheitert“. Viele Frauen in den Wechseljahren erleben eine Wandlung ihrer Beziehung, die aus dem Wandel ihres hormonellen Gefüges und damit einem Wandel ihrer Selbst entstanden ist. Am Beginn der Ehe steht das Versprechen, sein Leben gemeinsam zu gestalten, in guten wie in schlechten Tagen und wer katholisch heiratet verspricht sich zudem auch noch die Ehe „bis das der Tod uns scheidet“. Dieses Ziel wurde bei einer (staatlichen) Scheidung nicht erreicht, wir haben also versagt, das Gesagte nicht eingehalten, uns gar „ver-sprochen“? Die aus dieser Niederlage heraus entstehenden Gefühle können Trauer, Wut und Frust sein und die entstehen auf beiden Seiten. Ja, auch derjenige, der seinen Partner verlässt, empfindet niederdrückende Gefühle. Wie geht es nun weiter, denn stehen bleiben ist eine schlechte Option. Die folgenden Schritte dürfen auf alle Niederlagen, Misserfolge, Rückschläge, … angewendet werden.

1. Schritt – Akzeptanz

Zu Beginn einer Trennung steht oft der Versuch, diese rückgängig zu machen, den Partner mit lieben Worten oder mit unschönen Szenen an sein Versprechen zu erinnern. Die daraus entstehende Diskussion kann fruchtbar sein und die Beziehung wieder aufgenommen werden. Falls dies nicht gelingt, wird meistens sichtbar, dass auch der Verlassene seinen Anteil an der Trennung hat. Das ist ein guter Schritt, um die Trennung akzeptieren zu können. Akzeptieren heißt also, seinen eigenen Anteil an der Niederlage, den Misserfolg zu erkennen und sich nicht als Opfer der Umstände oder gar des Schicksals zu sehen.

2. Schritt – Gefühle zulassen

Da wir nicht nur denkende, sondern im Besonderen auch fühlende Wesen sind, treffen uns auch hier die verschiedensten Gefühle. Diese können neben der Trauer, Wut und Frust auch Enttäuschung, Verzweiflung und Angst sein. Robert Betz sagt gerne: „Gefühle wollen gefühlt werden.“ und das ist richtig so. Verneinen wir diese Gefühle, schlucken sie gar runter, dann entsteht schon mal ein Magengeschwür. Gefühle missachten ist also wenig hilfreich. Genauso wenig hilfreich ist es, sich den Gefühlen unkontrolliert und unbegrenzt hinzugeben, also sich darin zu baden, z.B. in Selbstmitleid. Nach der Akzeptanz der Situation darf also für eine begrenzte Zeit den Gefühlen Ausdruck verliehen werden, damit der Blick auf den nächsten Schritt durch die Tränen der Trauer oder Wut nicht vernebelt wird.

3. Schritt – Sinn finden

Da wir nicht einfach nur Opfer der Umstände sind, sind wir auch Täter und wir können nun darüber nachdenken, welche Tat zur Situation geführt hat. Was ist unser Beitrag oder auch das, was wir eben nicht getan haben? Wichtig ist hier ein offener und ehrlicher Blick, also die Verantwortung übernehmen und nicht abgeben, was ja der Opferhaltung entsprechen würde. Selbstverantwortung in einem gesunden Maß übernehmen, also starke Selbstkritik vermeiden, denn die verleitet schnell zu Schuldgefühlen. Gedanken wie „hätte ich doch …“ oder „wie konnte ich nur …“ sind deprimierend und füttern einzig und allein unseren inneren Kritiker, der dann jedes andere Teammitglied unseres inneren Teams mundtot macht. Spricht nur einer aus diesem Team, verlieren wir die ganzheitliche Sicht, schauen auf uns herab und die Achtung vor uns selbst kann verschwinden. Normalerweise handeln wir ja aus bester Absicht heraus und wenn dieses Handeln erfolglos war, dann hat dies einen höheren Sinn. Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard hat dies gut formuliert: „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“ Ich persönlich halte mich gerne an den Spruch meiner Großmutter: „Kind, wer weiß, wofür es gut ist.“ Jetzt gilt es also, den Blick wieder nach vorne zu richten, dem Leben einen neuen Sinn geben.

4. Schritt – in die Zukunft schauen

Der Sinn meiner Ehe waren wohl auch die fünf wunderbaren Kinder, die daraus hervorgegangen sind; das Ziel wurde erreicht („… nehmt ihr die Kinder an, die Gott euch schenken wird?“). Jetzt gilt es neue Ziele im weiteren Leben zu finden. Bei einer Ehe kann ich schlecht einen Plan B oder C entwickeln, doch bei jedem anderen Ziel oder Projekt ist das möglich. (Falls ihr da anderer Meinung seid, schreibt mir dies bitte in den Kommentar; ich lerne gerne hinzu.) Hier solltet ihr dann die Gedanken aus dem dritten Schritt mitnehmen und daraus die Konsequenzen ziehen. Ist das Projekt misslungen, weil ihr Hilfe brauchtet? Dann sucht euch jetzt rechtzeitig Hilfe, Unterstützung oder Verbündete. Hast du in deiner Partnerschaft zum Beispiel Sprachlosigkeit erfahren, dann beschäftige dich vor der nächsten Beziehung mit dem Thema Kommunikation. Lese Bücher dazu, belege Kurse und wenn es in der neuen Partnerschaft kriselt, dann hol dir einen Coach für Paare (ich mag in diesem Zusammenhang den Begriff der Paartherapie nicht). 5. Schritt – die Zukunft gestalten Die Zukunft kann ja nur bedingt geplant werden, das Leben findet schließlich im Hier und Jetzt statt und gleichzeitig gestalten die Gedanken, die ich jetzt habe, meine Zukunft (siehe hierzu: https://www.der-innere-weg.de/der-innere-weg/schatztruhe/achte-auf-deine-gedanken/) Mache dir also ein Bild von deinem Ziel. Woran erkennst du, dass du dein Ziel erreicht hast? Bei einer Bewerbung kannst du dir vorstellen, wie dein Name auf dem Schild an deiner Bürotüre wohl aussieht. Bei einer Partnerschaft kannst du dir vorstellen, wie ihr gemeinsam die Wohnung renoviert und dabei Hand in Hand arbeitet. Wozu das jetzt? Wieso soll ich tagträumen? Bei der bildlichen Vorstellung des Zieles wirst du motiviert, über die einzelnen Schritte dorthin nachzudenken. Beim Nachdenken erkennst du rechtzeitig die Stolpersteine und die Chancen, das Ziel zu erreichen, steigen. Hier ein kleiner Tipp: Stell dir nicht nur bildlich dein Ziel vor, sondern nimm noch die anderen Sinne hinzu. Welche Musik hört ihr beim Renovieren? Wie fühlen sich die Farbspritzer auf der Haut an? Wie wird dir das „Bier auf der Baustelle“ schmecken? Wie riecht frisch gesägtes Holz? Das alles ist natürlich keine Garantie, dass du diesmal dein Ziel in Gänze erreichen wirst, doch garantiert wirst du Erfahrungen machen, die dich im Leben weiter bringen. Hierzu passt der Spruch: Der Weg ist das Ziel.

Hier noch ein paar Lebensweisheiten:

Die Dinge, die man falsch gemacht hat, bereut man nicht so sehr wie die, die man gar nicht erst versucht hat. Wer einen Fehler macht und ihn nicht korrigiert, begeht einen Zweiten. (Konfuzius, chinesischer Philosoph) Es ist nicht unser größter Triumph, niemals hinzufallen, sondern danach jedes mal wieder aufzustehen (Konfuzius) oder in heutigen Worten: Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weiter machen … Hier noch ein Gedanke, ein Refraiming: Niederlage = etwas nieder legen, damit man etwas Neues aufnehmen kann (Bildnachweis: Roark auf Pixabay)